25.Juli 2018
Mit dem internationalen Terror zum Weltkommunismus

von Torsten Mann

»Damit ist freilich nicht gesagt, dass einzelne terroristische Akte nunmehr bedeutungslos oder nutzlos wären. Nicht darauf kommt es an, den Terror in den Himmel zu heben oder ihn zu verdammen, sondern seine richtige Rolle und ganz bestimmte Funktion in der gegenwärtigen Situation zu begreifen. Der Terror ist und kann heute, nach der bereits begonnenen Volksrevolution, nichts anderes als eine untergeordnete Episode des Kampfes sein. Und zwar dies in doppelter Hinsicht: sowohl räumlich als ein einzelner, wenn auch glänzend aufblitzender Schwertstreich auf dem großen Schlachtfelde des proletarischen Massenkampfes wie auch zeitlich als eine Erscheinung, die naturgemäß nur an eine bestimmte Phase der Revolution gebunden ist.«[1]
- Rosa Luxemburg, 1905

»Der Bolschewismus glaubt an den Einsatz des Terrors. Lenin erklärte, dass niemand die Bezeichnung Kommunist verdient, der nicht an den Terror glaubt.«[2]
- Nikita Chruschtschow auf dem 20. Parteitag der KPdSU im Jahr 1956



Wie Lenins Terrorabteilungen die Oktoberrevolution vorbereiteten

 

Schon im Herbst 1905 – also lange vor der Oktoberrevolution und der Machtergreifung der Kommunisten in Russland – hatte Lenin erklärt, dass man die Idee propagieren müsse, Terrorabteilungen von 25 bis 75 Mann aufzustellen, »sie mit jeder Art von Waffen zu versorgen, von Messern und Revolvern bis zu Bomben, und diese Abteilungen militärisch zu schulen und auszubilden.«[3] Dabei spielte die jeweilige ideologische Ausrichtung dieser Abteilungen ausdrücklich keine Rolle, die Kommunisten sollten versuchen »mit jedem Zirkel in Verbindung zu treten, auch wenn er nur aus drei Personen besteht, unter der einzigen Bedingung, dass er in Bezug auf die Polizei unverdächtig und bereit ist, gegen die zaristischen Truppen zu kämpfen.«[4] Das heißt, Lenin wies die Kommunisten bewusst an, fremde nichtkommunistische Gruppen zur revolutionären Gewalt anzustiften: »Hier muss man durch breite Propaganda wirken. Sollen 5-10 Menschen in einer Woche Hunderte von Arbeiter- und Studentenzirkeln aufsuchen, überall eindringen, wo es nur irgend möglich ist, und überall den klaren, kurzen, direkten und einfachen Plan vorschlagen: Bildet sofort eine Kampfabteilung, bewaffnet euch, so gut ihr könnt, arbeitet aus allen Kräften, wir werden euch soweit möglich helfen, aber erwartet nichts von uns, arbeitet selber.«[5]


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Die Kommunisten sollten, wie Lenin erklärte, »jeder Abteilung kurze und einfache Bombenrezepte und elementare Erläuterung der ganzen Arbeitsart geben, dann aber die ganze Tätigkeit ihr selbst überlassen.«[6] Zwar sollten diese Terrorabteilungen anschließend weitgehend selbständig operieren, jedoch betonte Lenin ausdrücklich, dass der auf diese Weise geschaffene Terrorismus nur dann ein sinnvolles Mittel des revolutionären Kampfes sei, wenn er in eine umfassende kommunistische Strategie eingebettet werde: »Grundsätzlich haben wir den Terror nie abgelehnt und können wir ihn nicht ablehnen. (…) Wir sind weit entfernt von dem Gedanken, heldenmütigen Einzelaktionen jede Bedeutung abzusprechen, aber es ist unsere Pflicht, mit aller Energie davor zu warnen, sich am Terror zu berauschen, ihn als wichtigstes und hauptsächliches Kampfmittel zu betrachten (…). Der Terror kann niemals eine alltägliche Kampfhandlung werden: bestenfalls taugt er nur als eine der Methoden des entscheidenden Sturmangriffs.«[7] Insbesondere müsse, wie Lenin betonte, beim Einsatz terroristischer Mittel Rücksicht auf die Situation und die Stimmung der Bevölkerung genommen werden, damit der Terror dem übergeordneten Zweck dient, die Bürger gegen die Vertreter des bürgerlichen Staates und gegen seine Institutionen aufzuwiegeln und somit eine »Revolutionäre Situation« zu schaffen.[8]


Wie der internationale Terrorismus die Weltrevolution vorbereiten soll

Mit Beginn der 1960er Jahre sollte der Terrorismus im Rahmen der sowjetischen Langzeitstrategie als Mittel des revolutionären Kampfes in alle Welt ausgeweitet werden. Zu diesem Zweck organisierte die Internationale Abteilung des Zentralkomitees der KPdSU in der kubanischen Hauptstadt Havanna im Januar 1966 die Erste Solidaritätskonferenz der Völker Afrikas, Asiens und Lateinamerikas bzw. die Trikontinentale Konferenz.[9] Dort wurden marxistische Studentenbewegungen unter der Führung Moskaus mit sogenannten »nationalen Befreiungsbewegungen« vernetzt, wodurch der Grundstein für das internationale Terrornetz gelegt wurde, das anschließend in der Dritten Welt Revolutionen und Bürgerkriege entfachen und in der westlichen Welt den Kampf gegen die bürgerlichen Staaten aufnehmen sollte.[10] Unter den Hunderten Teilnehmern der Konferenz waren zahlreiche bekannte Namen wie zum Beispiel das 68er-Idol Ernesto »Che« Guevara, PLO-Chef Jassir Arafat oder der brasilianische Kommunist Carlos Marighella, dem das berüchtigte Minihandbuch des Stadtguerilleros zugeschrieben wird, das seit Beginn der 1970er Jahre allen bedeutenden Terrorbanden von der RAF bis zur Al-Kaida die theoretischen Grundlagen lieferte. Die Sowjetunion war mit einer fast 50-köpfigen Delegation anwesend.[11] Auf der Trikontinentalen Konferenz wurde sowohl die Koordination des internationalen Terrorismus unter der Führung Moskaus, als auch die Errichtung der ersten Terroristenausbildungslager auf Kuba beschlossen.[12] Zehn Monate später begannen Ausbilder des sowjetischen Militärgeheimdienstes GRU und des kubanischen Geheimdienstes DGI südlich von Havanna mit der Ausbildung von jährlich etwa 1500 Guerillakämpfern und Terroristen.[13] Die Terroristenlager auf Kuba sollten nicht die einzigen Lager dieser Art bleiben, denn viele Absolventen der kubanischen Lager errichteten anschließend mit der Unterstützung der sowjetischen Geheimdienste in anderen Ländern der Dritten Welt eigene Terrorcamps, zu denen beispielsweise die palästinensischen Ausbildungslager im Jemen gehörten, in denen in den 1970er Jahren die Terroristen der RAF und anderer europäischer Terrorbanden ausgebildet wurden. Die Journalistin Claire Sterling kommentierte hierzu: »Das 1968 gebildete Dreieck (Trikontinentale) gab der Sowjetunion während der ganzen 1970er Jahre die Möglichkeit, mit der rechten Hand Entspannungspolitik zu betreiben und gleichzeitig Ahnungslosigkeit über das Tun der Linken vorzutäu­schen. (...) Es war ein Plan für die globale terroristische Kriegsfüh­rung, der komplett mit Werkzeugkasten und Gebrauchsanweisung ge­liefert wurde.«[14]



Moskaus Geheimdienste als Drahtzieher des internationalen Terrorismus

Wie der GRU-Überläufer Viktor Suworow berichtete, hielten sich die kommunistischen Geheimdienste dabei an die Vorgabe Lenins, die Terroristen zwar mit Ausbildung, Waffen sowie gefälschten Dokumenten zu versorgen und auch anderweitig materiell zu unterstützen, sie anschließend aber weitgehend sich selbst zu überlassen und nur in Einzelfällen als Agenten anzuwerben. Suworow erklärte: »Ausländer, die ›Befreiungsbewegungen‹ angehören, werden in der Sowjetunion nicht generell durch die Nachrichtendienste angeworben. Die Erfahrung hat gezeigt, dass ein Terrorist, der sich selbst als unabhängig betrachtet und der Menschen aufgrund seiner Überzeugung tötet, weitaus gefährlicher ist als derjenige, der auf fremden Befehl hin kämpft. Für seine eigenen Ideen geht der Terrorist ein Risiko ein und opfert auch sein Leben, aber es ist nicht wahrscheinlich, dass er dies auch auf Befehl eines Fremden machen würde. Warum sollte man ihn also rekrutieren?«[15] Deshalb hat ein Terrorist, der für die GRU arbeitet, »in der Mehrheit der Fälle nicht den Eindruck, benutzt zu werden. Er ist zutiefst davon überzeugt, dass er unabhängig, aufgrund seines eigenen Willens und seiner eigenen Vorstellung, handelt. Die GRU hinterlässt somit keine Unterschrift oder Fingerabdrücke. Selbst in den Fällen, bei denen es sich nicht um einzelne Terroristen, sondern um erfahrene Anführer von Terrororganisationen handelt, unternimmt die GRU außergewöhnliche Schritte, um zu gewährleisten, dass auch der Terroristenanführer selbst nicht das Ausmaß seiner Unterstellung unter die GRU erkennt.«[16] Suworow betonte, dass die Taktik der GRU gegenüber Terroristen relativ einfach ist: »Man gibt ihnen keine Anweisungen und sagt ihnen auch nicht, was sie tun sollen. Sie zerstören die westliche Zivilisation und sie wissen, wie sie dies anstellen müssen, deshalb soll man sie ohne kleinliche Überwachung gewähren lassen. Es gibt in diesen Gruppierungen genügend Idealisten, die bereit sind, für ihre eigenen Ideen zu sterben, also lässt man sie sterben. Wichtig ist schließlich nur, dass man ihnen die Illusion belässt, dass sie vollkommen frei und unabhängig sind.«[17]


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In diesem Sinne bildete die GRU, wie der im Jahr 1992 zum Westen übergelaufene GRU-Offizier Stanislav Lunev bestätigte, im Lauf der Jahrzehnte »Terroristen aus nahezu allen Staaten der Welt aus, einschließ­lich aus dem Irak, aus Libyen, dem Iran, Ägypten, Syrien, Libanon, Palästina, Italien, Deutschland, Spanien, Türkei und Lateinamerika. Wo keine Terrorbanden (...) bestanden, half die GRU, sie zu schaffen, und belieferte sie anschließend mit der nötigen Ausbildung, Finanzierung und organisatorischen Unterstützung.«[18] Lunev betonte ausdrücklich, dass die Unterstützung des internationalen Terrorismus durch den sowjetrussischen Militärgeheimdienst GRU auch während Gorbatschows »Perestroika« und sogar noch darüber hinaus fortgesetzt wurde.[19]


Der seit den 1970er Jahren von den kommunistischen Geheimdiensten zuerst unter marxistischem und später unter islamistischem Vorzeichen geschaffene internationale Terrorismus erfüllt somit einen ähnlichen strategischen Zweck zur Vorbereitung der Weltrevolution wie die Terrorabteilungen, deren Gründung Lenin im vorrevolutionären Russland zur Vorbereitung der Oktoberrevolution befohlen hatte. In erster Linie dient der Terrorismus dazu
, die öffentliche Ordnung der westlichen Staaten zu destabilisieren, um über die »Dialektik der Eskalation« eine »Revolutionäre Situation« zu schaffen (mehr dazu: »Strategie der Spannung« oder »Dialektik der Eskalation«?). Parallel dazu dient die Bedrohung durch den internationalen Terrorismus – ähnlich wie die angebliche Klimakatastrophe – aber auch als Vorwand, mit dem eine internationale Konvergenz auf UNO-Ebene als Vorstufe zur Errichtung einer Weltregierung legitimiert wird (mehr dazu in einem späteren Artikel).

[1] Rosa Luxemburg, 20. Februar 1905 – Terror
[2] Khrushchev, N., to the 20th Party Congress, February 24, 1956
[3] Lenin, 13. September 1905: Von der Verteidigung zum Angriff; Werke Bd.9 S.279
[4] Lenin, 05. Oktober 1905: An den Kampfausschuss des St.Petersburger Komitees; Werke, Bd.9, S.343
[5] Lenin, 05. Oktober 1905: An den Kampfausschuss des St.Petersburger Komitees; Werke, Bd.9, S.343
[6] Lenin, 05. Oktober 1905: An den Kampfausschuss des St.Petersburger Komitees; Werke, Bd.9, S.344
[7] Lenin, Mai 1901 – Womit beginnen? ; Werke Bd.5
[8] Vgl. Lenin, V., »Guerrilla Warfare« Collected Works (Progress Publishers, Moscow, 1965), vol. 11, S.222
[9] Hans Graf Huyn - Die Deutsche Karte S.91f
[10] Claire Sterling - Das internationale Terrornetz S.20f
[11] Astrid von Borcke - Unsichtbare Weltmacht KGB, S.100f
[12] Hans Graf Huyn - Die Deutsche Karte S.91f
[13] Astrid von Borcke - Unsichtbare Weltmacht KGB, S.101f / Soviet Analyst Vol. 28 Nr. 6
[14]
Claire Sterling - Das internationale Terrornetz S.301
[15] Viktor Suworow - Speznas S.83
[16] Viktor Suworow - Speznas S.84f
[17] Viktor Suworow - Speznas S.81
[18] Stanislav Lunev - Through the Eyes of the Enemy S.80f
[19]
Stanislav Lunev - Through the Eyes of the Enemy S.81

   
 
Torsten Mann, Jahrgang 1976, ist politischer Publizist. Er vertritt die These, dass der Kommunismus zu Beginn der 1990er Jahre nicht untergegangen ist, sondern unter Beibehaltung seiner Ziele lediglich eine planmäßige Umgestaltung seiner Methoden vorgenommen hat.

 

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