07.Februar 2018
Die Kunst der Zersetzung

von J.R. Nyquist

Es existiert eine verborgene Armee, die daran arbeitet, den Westen zu zersetzen und sie wird von Moskau kontrolliert. Kaum jemand weiß, dass diese Armee existiert. Kaum jemand kennt ihre Ziele und welchen Zweck sie verfolgt. Die Hauptaufgabe dieser Armee ist nicht die Spionage, sondern die Beeinflussung der öffentlichen Meinung. Es geht nicht darum, zu spionieren, sondern zu manipulieren. Die operativen Methoden dieser Armee wurden wissenschaftlich erarbeitet und sie werden laufend aktualisiert. Betrachten wir uns ein repräsentatives Schulungshandbuch, das von Vladimir Kastorniy unter dem Titel Klassische Methoden zur Anwerbung von Agenten unter gegebenen Bedingungen im Internet veröffentlicht wurde. Es wurde geschrieben um russische Geheimdienstler in die Kunst einzuweisen, wie man Zielpersonen als Agenten anwirbt. Kastorniys Internetseite beschäftigt sich mit den »psychologischen Operationen und Methoden der russischen Geheimdienste und des russischen Militärs«. Der Text behandelt Themen wie die Auswahl geeigneter Kandidaten für die Anwerbung, wie man diese Kandidaten aufbaut und wie man sie unter Kontrolle bekommt.

Auswahl geeigneter Kandidaten
 

Bevor eine Rekrutierung beginnt, muss erst die richtige Person gefunden werden. Dies nennt man die »Auswahl eines geeigneten Objekts«. Im Lauf der Zeit erwecken bestimmte Personen die Aufmerksamkeit der russischen Geheimdienste, wie etwa Prominente, Politiker, Strategen, Journalisten oder Wissenschaftler. Ein Banker oder Tycoon, ein Vorstandsvorsitzender oder Geschäftsführer eines Unternehmens kann zu einem wertvollen Agenten werden. Die russischen Geheimdienste erfahren erstmals von einer Zielperson über deren Freunde und Bekannte. Als nächstes ergibt sich die Möglichkeit der direkten Kontaktaufnahme, um zu beobachten, wie sie sich verhält. Wenn sie Artikel oder Berichte veröffentlicht, werden diese gelesen. Die russischen Geheimdienstler untersuchen die politischen Sympathien des Kandidaten, seine Meinung, wofür er sich begeistern kann, wovon er enttäuscht ist und welchen Lastern er verfallen ist. Hat er Schulden? Ist er ein Frauenheld? Trinkt er? Nimmt er Drogen? Ist er von Neid zerfressen? Überschätzt er seine eigenen Fähigkeiten?

Sobald die Lebenssituation des Kandidaten verstanden und sein psychologisches Profil gezeichnet ist, wird unter Verwendung bewährter Methoden ein Annäherungsversuch unternommen. Will man zum Beispiel einen arroganten Intellektuellen mit perversen Ambitionen anwerben, dann reizt man ihn mit der Aussicht, heimlich Macht über andere ausüben, oder ungestraft Gesetze brechen zu können. Man bietet dem Kandidaten geheimes Wissen oder verborgene Erkenntnisse an. Man ermutigt ihn, geheime Informationen zu stehlen, was sein übertriebenes Selbstwertgefühl noch weiter steigern wird.





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Methoden der Rekrutierung

Erprobte und bewährte Methoden zur Anwerbung sind: Erpressung und Bestechung, Bedrohung der Person selbst, Drohungen gegen Angehörige, die Aufstachelung von Rachegefühlen, Wut, Eitelkeit, Begeisterung, Neid oder Mitleid. Ein Geheimdienstoffizier kann eine Zielperson auch beeinflussen, indem er an ihre Überzeugungen appelliert. Letztlich gibt es auch die Möglichkeit, sie durch den Einsatz psychologischer Programmierung in einen sogenannten »Zombie« zu verwandeln.

Diese Methode beinhaltet die Verwendung von Mind-Control-Drogen in Kombination mit »Multi-Level Hynose«, wie die Russen es nennen. Bestimmte Drogen erzeugen einen Zustand, in dem der Kandidat besonders empfänglich ist und an den er sich nicht erinnern kann nachdem die Wirkung des Medikaments nachgelassen hat. Das Opfer erinnert sich an nichts, obwohl sein Unterbewusstsein ohne sein Wissen programmiert wurde. Bestimmte Anästhetika, die zum Beispiel während einer Kolonoskopie eingesetzt werden, sind dafür bekannt, dass sie eine milde Form von Amnesie erzeugen. Der Patient wird sich an die Untersuchung nicht erinnern können und ist währenddessen völlig nachgiebig. Unter dem Einfluss speziell entwickelter Mind-Control-Drogen ist das Opfer empfänglich für Hypnose und direkte Programmierung, dies nennt man »Zombisierung«.

Sobald eine Person angeworben wurde, gibt es spezielle Techniken, sie unter Kontrolle zu behalten. Es gibt Empfehlungen dafür, wie häufig der Führungsoffizier Kontakt mit der Zielperson aufnehmen soll, nach dem Muster von Zuckerbrot und Peitsche. Dabei spielt ein Verfahren eine große Rolle, das man »Eisenfaust im Samthandschuh« nennt. Der Führungsoffizier muss die totale Kontrolle über den angeworbenen Agenten behalten. Er muss als Freund der Zielperson auftreten, der vorgibt, sich um das Wohlergehen des Agenten zu sorgen. Diesen Aspekt nennt man den »Samthandschuh«. Gleichzeitig bleibt die Drohung mit der Vernichtung als letzter Ausweg stets in Reserve.

Ein Geheimdienstoffizier droht stets freundlich mit Entschuldigungen und tiefer Besorgnis. »Wir wollen nicht, dass du verletzt wirst«. Wenn der Agent kooperativ ist, dann wird er großzügig mit Geld belohnt. Man bietet ihm Unterstützung bei seiner Karriere als Gegenleistung für dauerhafte Zusammenarbeit. Durch andere Agenten kann man der Zielperson eine Beförderung verschaffen, eine professionelle Auszeichnung, oder sogar den Nobelpreis. Es ist erlaubt, den Agenten zu belügen und zu betrügen. In dem russischen Text heißt es, man solle ihm »Spaghetti an die Ohren hängen«. Man solle stets der Eitelkeit des Agenten schmeicheln und versuchen, seine Begeisterung zu wecken. Man könnte ihm zum Beispiel erzählen, dass Wladimir Putin persönlich seine Berichte liest und sie wertvoll findet.

Sogenannte »Zombies«

Im Fall eines »Zombies« hält man die Kontrolle über den Agenten dadurch aufrecht, dass man regelmäßig seine psychologische Programmierung erneuert. Zombies müssen in bestimmten Intervallen aufgefrischt werden. Die Auffrischung schaltet den freien Willen der Zielperson aus. Er bleibt seinem Herrn dann treu ergeben. Wenn der Zombie nicht aufgefrischt wird, kann er zu seinen alten Denk- und Verhaltensweisen zurückkehren, die er vor der Rekrutierung hatte. Daher muss ein regelmäßiger Zeitplan der Kontakte eingehalten werden. Wenn die Zielperson ein Politiker ist, ist es am besten, ihn auf russischem Territorium anzuwerben und aufzufrischen. Dies könnte sogar in der russischen Botschaft in Washington durchgeführt werden.

Beim Umgang mit angeworbenen Agenten ist der Doppelagent das größte Problem. Wie kann man ausschließen, dass ein Agent zu einem Doppelagenten geworden ist? Durch verschiedene Tests wie etwa spezielle Provokationen oder sorgfältige Überwachung ist es möglich, seine Loyalität auf die Probe zu stellen. Man kann den Agenten auch an einen Lügendetektor anschließen, dabei sagt man ihm, dass dies nicht die Idee seines Führungsoffiziers sei, sondern die Idee eines bösen Vorgesetzten, der blamiert wäre, wenn die Zuverlässigkeit des Agenten sich bestätigt hätte. Laut dem Text hängt die Loyalität eines Agenten stark von seiner moralischen Grundverfassung ab. In anderen Worten, von seiner grundsätzlichen Zuverlässigkeit als »besonderer Freund«.

Nicht zuletzt stellt sich noch die Frage der Beseitigung eines gefährlichen Zeugen. Im Fall zum Beispiel eines angeworbenen Kongressabgeordneten ist es vielleicht nötig, einen internationalen Zwischenfall zu erzeugen, indem man sein Flugzeug abschießt. Vielleicht muss man ihm eine Droge verabreichen, die einen Herzinfarkt auslöst, oder er stirbt bei einem Autounfall. »Wenn der Agent ein gefährlicher Zeuge ist«, so der Text, »und es keine Garantie gibt, dass er schweigen wird, dann muss man zu radikalen Mitteln greifen um die Organisation zu schützen, einschließlich der physischen Liquidierung des Agenten. Das wird besser durch die Hand anderer Leute erledigt oder durch einen ›Unfall‹.« Im Fall eines Zombies kann man mit speziellen Techniken auch sein Gedächtnis »löschen«.

Es existiert eine verborgene Armee mitten unter uns. Sie führt ununterbrochen ihre Operationen durch und ihre Ziele sind unverändert. Vielleicht bezweifeln Sie die Existenz dieser Armee, aber Sie werden von ihrer Arbeit beeinflusst, wenn Sie die Abendnachrichten anschauen oder einen politischen Kommentar im Radio verfolgen.



Jeffrey R. Nyquist
, Jahrgang 1958, studierte Politikwissenschaft an der University of California in Irvine. Er verfasste mehrere Bücher und schreibt für verschiedene konservativ-libertäre Zeitschriften und Online-Magazine. Er betreibt die Internetseite www.jrnyquist.com.

 

 Torsten Mann, Jahrgang 1976, ist politischer Publizist. Er vertritt die These, dass der Kommunismus zu Beginn der 1990er Jahre nicht untergegangen ist, sondern unter Beibehaltung seiner Ziele lediglich eine planmäßige Umgestaltung seiner Methoden vorgenommen hat.

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