08.Februar 2018
Wurde die Weltfinanzkrise vorsätzlich ausgelöst?

von Torsten Mann

Rezension des Buches Secret Weapon von Kevin Freeman

 


Seit dem berüchtigten »schwarzen Freitag« vom Oktober 1929, der als Auslöser der großen Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre in die Geschichte eingegangen ist, weiß man, welche weitreichenden Folgen ein Börsencrash nach sich ziehen kann. Inzwischen wird immer häufiger behauptet, dass die Ursache für den damaligen Zusammenbruch in der Natur des kapitalistischen Wirtschaftssystems begründet liege, das immer wieder neue Spekulationsblasen ausbilde, die schließlich platzen, wenn die kapitalistische Gier überhand nimmt. Als Lösung für dieses Problem wird zumeist eine mehr oder weniger planwirtschaftliche Beschneidung des freien Marktes gefordert. Der Sozialismus soll die Probleme lösen, die angeblich der Kapitalismus verursacht hat. Doch es gibt auch Stimmen, die behaupten, dass der damalige Zusammenbruch der Weltwirtschaft kein Versagen der Marktwirtschaft, sondern vielmehr ein Akt vorsätzlicher Sabotage war. Diese Stimmen behaupten zudem, allein Stalins strategischer Inkompetenz sei es zu verdanken, dass Moskau die sich damals bietende Gelegenheit ungenutzt verstreichen ließ, ohne dass die vor allem in Deutschland und Amerika herrschende soziale Not zu einer Weltrevolution geführt hätte. Wäre Trotzki anstelle von Stalin zu jener Zeit im Kreml an der Macht gewesen so wird vermutet –, dann hätte die Weltgeschichte einen anderen Verlauf genommen. Aber auch wenn die Weltrevolution damals offensichtlich ausblieb, schuf die Weltwirtschaftskrise und das ist unbestritten doch die politischen Voraussetzungen für den Zweiten Weltkrieg mit den bekannten katastrophalen Folgen.




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Hat der Kapitalismus versagt?

Die Frage, ob beim Börsencrash von 1929 Sabotage am Werk war, wurde zwar nie offiziell untersucht, aber zumindest bemühte sich die US-Regierung darum, finanzpolitische Maßnahmen wie zum Beispiel den Glass-Steagall-Act zu ergreifen, damit sich ein ähnliches Fiasko nicht wiederholen kann. Und tatsächlich blieb die Welt über viele Jahrzehnte von einer ähnlich schweren Wirtschaftskrise verschont. Bis im Jahr 2007 die US-Immobilienblase platzte, was nach verbreiteter Ansicht der Auslöser für die anschließende Weltfinanzkrise war. Wieder sei es der Kapitalismus gewesen, der versagt habe. Doch genau an diesem Punkt widerspricht der amerikanische Autor Kevin Freeman in seinem Buch Secret Weapon, das im Januar 2012 bei Regnery Publishing erschienen ist.

Freeman stellt darin die These auf, dass das Platzen der US-Immobilienblase nicht der unmittelbare Auslöser der Weltfinanzkrise war, auch wenn er einräumt, dass die US-Immobilienblase dabei zweifellos eine Rolle spielte, ebenso wie das Problem der viel zu hohen amerikanischen Staatsverschuldung und eine Reihe anderer ungünstiger Faktoren. Stattdessen präsentiert Freeman eine sehr überzeugende Indizienkette, die darauf hindeutet, dass der große Finanzcrash vom September 2008 in Wirklichkeit das Resultat einer langfristig vorbereiteten Sabotage war, die mit großem organisatorischem Aufwand durchgeführt wurde. Er verwendet den Begriff  »financial terrorism«. Freeman beschreibt detailliert, wie im Jahr 2008 eine Abfolge sorgfältig koordinierter Angriffe auf die amerikanischen Finanzmärkte erfolgte, die beinahe den vollständigen Kollaps des westlichen Finanzsystems bewirkt hätten. Dabei wurden weltweit etwa 50 Billionen US-Dollar an Vermögenswerten vernichtet. Er spricht dezidiert von einem Akt wirtschaftlicher Kriegsführung (»economic warfare«).


»Financial Terrorism« und »Economic Warfare«

Diese Begriffe mögen im Zusammenhang mit der Finanzkrise von 2008 zunächst fremdartig und ungewohnt erscheinen, schließlich setzt man üblicherweise voraus, dass alle Händler und Investoren an den Weltbörsen ausschließlich das Ziel verfolgen, Gewinne zu machen, wenn auch zuweilen unethisch und rücksichtslos, aber dass doch zumindest niemand ein vorsätzliches Interesse daran haben könnte, das komplette System zum Kollaps zu bringen. Doch Freeman beschreibt auf 287 Seiten selbst für Laien klar nachvollziehbar, welche Mittel und Methoden dabei in welcher Reihenfolge eingesetzt wurden, und er identifiziert sogar die Handelshäuser, über welche die Angriffe liefen. Vorbereitet wurde die Operation laut Freeman in ihrer ersten Phase durch einen über längere Zeit vorsätzlich nach oben getriebenen Ölpreis. Darauf folgten in der zweiten Phase verdächtige Marktmanipulationen, welche mehrere Banken, darunter Bear Stearns und Lehman Brothers, zu Fall brachten und er zeigt detailliert auf, welche Rolle dabei u.a. Credit Default Swaps, ungedeckte Leerverkäufe, Währungsmanipulationen, Staats-, Index- und Hedgefonds, sowie der automatisierte Computerhandel spielten.

Freeman betont ausdrücklich, dass der Finanzcrash nur möglich war, weil in den vorangegangenen Jahren systematisch all jene finanzpolitischen Sicherheitsmaßnahmen außer Kraft gesetzt wurden, die nach der Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre eingeführt worden waren. So wurde u.a. der Glass-Steagall-Act im Jahr 1999 von US-Präsident Bill Clinton aufgehoben, was die anschließenden Exzesse an den Finanzmärkten erst möglich machte. Eine weitere Vorbedingung war die weitgehende Deregulierung der Finanzmärkte, welche zur Einführung jener neuen Finanzinstrumente geführt hat, die im Crash von 2008 ihre verheerende Wirkung entfalteten. Freeman weist darauf hin, dass es ebenfalls die Regierung von Bill Clinton war, welche die Grundlage für die US-Immobilienblase gelegt hat, indem sie es zu ihrem politischen Ziel erklärte, auch Bevölkerungsgruppen mit geringer Bonität und niedrigem Einkommen den Besitz eines Eigenheims zu ermöglichen. Darüber hinaus macht er die amerikanische Zentralbank FED aufgrund ihrer jahrelangen Niedrigzinspolitik und ihrer anschließenden Untätigkeit beim Ausbruch der Krise für das Fiasko mitverantwortlich.


Insiderhandel auch am 11. September 2001

Freeman versäumt es nicht, darzustellen, dass auch schon im Vorfeld der Terroranschläge vom 11. September 2001 verdächtige Finanztransaktionen stattfanden, die den Schluss zulassen, dass damals nicht nur das World Trade Center als Symbol der amerikanischen Wirtschaft und das Pentagon als Symbol der amerikanischen Militärmacht angegriffen wurden, sondern, dass diese Anschläge sich explizit auch gegen das westliche Finanzsystem richteten. So seien kurz vor 9/11 verstärkt Optionsscheine gehandelt worden, die auf fallende Kurse u.a. bei jenen Fluggesellschaften setzten, mit deren Flugzeuge die Anschläge durchgeführt wurden. Allein bei der Aktie von United Airlines sei kurz zuvor eine 30-prozentige Zunahme der Volatilität zu verzeichnen gewesen, was darauf hindeutet, dass jemand versuchte, aus den bevorstehenden Anschlägen Kapital zu schlagen. Wie Freeman berichtet, konnte die US-Börsenaufsichtsbehörde SEC bei den Aktien von insgesamt 38 Unternehmen eine Zunahme verdächtiger Transaktionen nachweisen, ebenso bei bestimmten amerikanischen Staatsanleihen. Insgesamt verursachten die Terroranschläge vom 11. September 2001 einen wirtschaftlichen Schaden von schätzungsweise 500 Milliarden US-Dollar. Auch wenn es damals nicht gelang, das westliche Finanzsystem zum Einsturz zu bringen, sagte Osama Bin Laden in seinen Videobotschaften immer wieder, dass sich sein Terror nicht nur gegen Menschenleben und Material, sondern ausdrücklich auch gegen den westlichen Kapitalismus als Ganzes richtete.


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Wer hat die Weltfinanzkrise ausgelöst?


Doch wer hat im Herbst 2008 die Weltfinanzkrise ausgelöst und warum sollte das westliche Finanz- und Wirtschaftssystem zum Einsturz gebracht werden? Freeman macht dafür eine anti-westliche Allianz verantwortlich, zu denen er islamistische Terrorgruppen zählt, die von Staaten im Nahen Osten unterstützt werden und mit Russland und China in Verbindung stehen. Er vermutet darüber hinaus eine Verwicklung bestimmter Vertreter der internationalen Hochfinanz, die in den letzten Jahrzehnten durch zweifelhafte Währungsspekulationen bereits zu fragwürdiger Berühmtheit gelangten. Dass eine solche Allianz zwischen dem islamistischen Terrorismus und dem kommunistischen Lager tatsächlich seit vielen Jahrzehnten existiert, wurde in anderem Zusammenhang bereits dokumentiert. Osama Bin Ladens Videobotschaften lassen deutlich den Einfluss sozialistischer Ideologien erkennen, so zum Beispiel als er seinen Aufruf, den US-Dollar abzustoßen und amerikanische Waren zu boykottieren u.a. damit begründete, dass er George Bush vorwarf, zum Nutzen der amerikanischen Großkonzerne das Kyoto-Protokoll verweigert zu haben und er Spekulation und Monopolkapitalismus für steigende Lebenshaltungskosten verantwortlich machte. Freeman zitiert Bin Laden mit den Worten, seine Anhänger würden »die Schwachstellen im westlichen Finanzsystem so genau kennen, wie die Linien ihrer Hand«. Auch Bin Ladens Stellvertreter und Nachfolger, der mutmaßliche KGB/FSB-Agent Aiman al-Zawahiri, forderte seine Anhänger mehrfach dazu auf, den US-Dollar abzustoßen, denn die westliche Wirtschaft würde zusammenbrechen und der Zusammenbruch würde an den US-Märkten beginnen.

Doch Osama Bin Ladens Al-Kaida ist nicht die einzige islamistische Terrorbande, die von Freeman verdächtigt wird, am Finanzcrash von 2008 mitgewirkt zu haben. Er erwähnt u.a. auch die Hamas und die Hisbollah sowie in erster Linie die aus Ägypten stammende Muslimbruderschaft, die es als Teil ihres Dschihads begreift, den Kapitalismus westlicher Prägung durch das Scharia-konforme islamische Finanzwesen zu ersetzen.

Hinter diesen islamischen  Gruppen erkennt Freeman die Beteiligung erdölproduzierender Staaten zu denen er u.a. den Iran und Gaddafis Libyen zählt, aber er vermutet Hintermänner auch in Saudi-Arabien und er erwähnt ausdrücklich auch das Regime von Hugo Chavez in Venezuela. Freeman weist auf die enge Zusammenarbeit zwischen Chavez und dem iranischen Mullah-Regime hin, die in den USA ein gemeinsames Feindbild sehen. Durch Überläufer wurde bekannt, dass Chavez die Terrororganisation Al-Kaida im Jahr 2002 mit einer Million US-Dollar unterstützte. Freeman zitiert Chavez, wie er bei einem Besuch in Teheran im April 2009 erklärte: »Der Kapitalismus muss untergehen. Er muss ein Ende finden. Und wir müssen einen Übergang zu einem neuen Modell finden, das wir Sozialismus nennen.« Doch Teheran war nicht die einzige Station seiner damaligen Reise. Sie führte ihn auch nach Katar, Peking und Moskau und überall forderte er ein Ende des Kapitalismus und warb für ein neues Wirtschaftsbündnis mit einer eigenen, durch Öl gedeckten Reservewährung in Opposition zum Dollar und zur Wall Street.



Das chinesische Konzept der »Unbegrenzten Kriegsführung«


Zweifellos hat Chavez mit seinem Anliegen in Peking Gehör gefunden, denn während westliche Investoren jahrzehntelang dumm genug waren, freiwillig Geld und Know-how in den Aufbau der zukünftigen kommunistischen Weltmacht zu investieren, bezeichnet die Führung in Peking die USA kaum verhohlen als ihren Hauptfeind, mit dem eine zukünftige Auseinandersetzung unvermeidbar sei. Man ist an Lenins berühmtes Zitat erinnert, dass die Kapitalisten den Kommunisten den Strick verkaufen würden, mit dem man die Kapitalisten anschließend aufhängen werde. Den Weg dorthin haben die beiden chinesischen Offiziere Oberst Qiao Liang und Oberst Wang Xiangsui in einem Strategiepapier aus dem Jahr 1999 umrissen, das von Freeman zitiert wird und aus dem deutlich hervorgeht, dass Peking das System der wirtschaftlichen Kriegsführung bzw. des finanziellen Terrorismus schon ein Jahrzehnt vor dem Ausbruch der globalen Finanzkrise sehr genau verstanden hat. Interessanterweise werden in dem Papier des chinesischen Militärs sowohl Osama Bin Laden als auch George Soros namentlich erwähnt, und zwar als Beispiele dafür, welche Mittel und Methoden das chinesische Militär im Kampf gegen die USA einsetzen müsste. Darin heißt es, dass eine unbegrenzte Kriegsführung, nämlich ein kombinierter Angriff, bestehend aus den Terroranschlägen Bin Ladens zusammen mit finanziellen Methoden nach Art von George Soros und weiteren Mitteln, zu denen u.a. Hackerangriffe zählen, von der US-Regierung nicht abgewehrt werden könnte: »Ob es sich um das Eindringen von Hackern, eine große Explosion im World Trade Center, oder um einen Bombenanschlag von Bin Laden handelt, all dies übersteigt die Bandbreite dessen, was das amerikanische Militär versteht, bei weitem.«




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Wohlgemerkt, diese Zeilen stammen aus dem Jahr 1999! Eine Kombination derartiger Mittel zusammen mit nackter militärischer Gewalt ergäbe eine »hyperstrategische« Waffe und das sei »das wahre Kartenblatt« Chinas im Kampf gegen die USA. Insofern muss man mit Sicherheit davon ausgehen, dass die z.T. illegalen Methoden, die China bei seinem Aufstieg zur Weltmacht anwendet, von der Bestechung westlicher Entscheidungsträger über den Diebstahl geistigen Eigentums und die Spionage bis hin zur Währungsmanipulation zur Aufrechterhaltung ihrer Exportüberschüsse, Teil eines strategischen Gesamtkonzepts sind. Das kommunistische China versucht schon seit Jahren die wirtschaftliche und militärische Überlegenheit über die USA zu erreichen und sobald diese erreicht ist, sollte es nicht überraschen, wenn plötzlich wieder die vollständigen Verstaatlichung der chinesischen Wirtschaft auf der Tagesordnung stünde. Das heißt, es könnte sich schon bald herausstellen, dass China nicht der »Markt der Zukunft« für vaterlandslose, gierige westliche Investoren ist, sondern die größte und tragischste Fehlinvestition aller Zeiten. Freeman macht deutlich, dass das kommunistische China ein ideologisches Interesse am Niedergang der USA als Weltmacht hat, der vom Kollaps der westlichen Wirtschaft eingeleitet werden soll – und dabei spielen kurzfristige eigene Verluste eine nachrangige Rolle.



Auf dem Weg zum »globalen demokratischen Frieden«

Freeman erwähnt auch Russland als einen jener Staaten, die ein Motiv für den wirtschaftlichen Kollaps der westlichen Welt haben. Er erklärt, dass das gegenwärtige Regime in Russland auch ein Vierteljahrhundert nach dem vermeintlichen Untergang des Kommunismus noch immer danach strebt, die USA als Weltmacht zu stürzen, um eine neue Weltordnung zu errichten. Das ist zweifellos korrekt, doch leider waren Freeman bis zur Drucklegung von Secret Weapon die Aussagen des im Jahr 1968 in die USA übergelaufenen tschechoslowakischen Generals Jan Sejna nicht bekannt, der als einer der wichtigsten Kronzeugen dafür gilt, was Moskau im Schilde führt. Sejna schrieb schon im Jahr 1982 in seinem Buch We Will Bury You, dass selbst nach einer Umgestaltung (russisch: Perestroika) des kommunistischen Regimes in Russland der Kreml im Rahmen einer Langzeitstrategie noch immer nach einer kommunistischen Weltordnung, dem »globalen demokratischen Frieden« streben würde. In der letzten Phase dieser Strategie, die eine frappierende Ähnlichkeit mit der weltpolitischen Situation zu Beginn der Finanzkrise zeigt, plane Moskau die USA durch wirtschaftliche Kriegsführung zu destabilisieren um die Bedingungen dafür zu schaffen, dass »progressive« Kräfte innerhalb des Landes die Macht ergreifen könnten. Deren Aufgabe wäre es, Amerika in einen sozialistischen Staat umzuwandeln. Im Klartext bedeutet das nichts anderes, als dass der Kreml schon sehr frühzeitig Vorbereitungen dafür traf, vorsätzlich eine neue Weltwirtschaftskrise herbeizuführen, die erwartungsgemäß zu einer weitgehenden Verarmung der westlichen Völker führen würde, was den Klassenkampf verschärfen und so die Bereitschaft zur Akzeptanz sozialistischer bzw. kommunistischer Lösungen herstellen sollte. Jan Sejna bezeugt somit, dass der Kreml aus Stalins Fehler, die Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre ungenutzt verstreichen zu lassen, offensichtlich gelernt hat. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die Finanzkrise unmittelbar vor den US-Präsidentschaftswahlen ausgebrochen ist und, dass sie wahrscheinlich sogar wahlentscheidend war. Denn bis zum Kollaps von Lehman Brothers führte in den Umfragen noch der republikanische Präsidentschaftskandidat John McCain. Zusammen mit den Börsenwerten sanken auch McCains Umfragewerte, so dass Obama die Wahl schließlich für sich entscheiden konnte.


Auch wenn General Sejna in der ersten Auflage von Secret Weapon namentlich nicht erwähnt wird, bezieht sich Freeman bei seinen aktuellen Veröffentlichungen auch auf Sejna und dieser soll wie er mir mitteilte zukünftig noch stärker berücksichtigt werden.

Neben General Sejna wird Freeman auch noch durch einen weiteren Überläufer bestätigt. Die Rede ist von dem sowjetrussischen GRU-Überläufer Major Viktor Suworow. Dieser schrieb schon 1984, dass die Idee, die westliche Abhängigkeit vom Erdöl für die Sabotage der westlichen Wirtschaft zu nutzen, bereits 1954 in der 10. Verwaltung des sowjetischen Militärgeheimdienstes GRU entstanden ist. Damals wurde eine Studie erstellt, der so genannte »Lokomotivenbericht«, in der es hieß: Um die »Lokomotive des Kapitalismus« lahmzulegen, brauche man nicht ihr gesamtes Triebwerk zu zerstören, sondern es genüge, ihr ein unverzichtbares Element, nämlich das Öl zu nehmen. Unmittelbar danach begann laut Suworow die Infiltration der arabischen Nationen und die anti-amerikanische und anti-westliche Aufhetzung der islamischen Welt. Freeman erklärte ausdrücklich, dass der Sabotageangriff auf die westliche Wirtschaft im Jahr 2008 mit einem über längere Zeit künstlich nach oben manipulierten Ölpreis begann. General Sejna und Major Suworow bezeugen also, dass schon seit mehreren Jahrzehnten nicht nur in Peking, sondern auch in Moskau Überlegungen angestellt wurden, wie man erfolgreich das westliche Wirtschaftssystem sabotieren könnte.



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Moskau war über die Anschläge im Voraus informiert

Ein weiteres Indiz für die von Freeman postulierte Verwicklung des Kreml in die Ereignisse ist die Tatsache, dass in Moskau schon mehrere Monate vor den Terroranschlägen des 11. September 2001 Warnungen verbreitet wurden, denen zufolge mit einem unmittelbar bevorstehenden Zusammenbruch des amerikanischen Finanzmarktes zu rechnen sei. Zum Beispiel veröffentlichte die russische Tageszeitung Prawda unter Berufung auf die Kremlberaterin Tatyana Koryagina am 12. Juli 2001 die Meldung, dass der US-Dollar und das amerikanische Finanzsystem am 19. August oder kurze Zeit später zusammenbrechen würden. Koryagina empfahl der russischen Bevölkerung, ihre US-Dollarreserven umgehend in Rubel umzutauschen. Zur selben Zeit fanden in der russischen Duma Sitzungen statt, die Russland auf den wirtschaftlichen Zusammenbruch Amerikas vorbereiten sollten. Der Zusammenbruch der amerikanischen Wirtschaft würde, so sagte Koryagina, durch einen Angriff einer unsichtbaren und unaufhaltsamen »mächtigen Gruppe« ausgelöst werden, von »internationalen mystisch-religiösen Kräften«. Auf die Frage, wie die US-Wirtschaft anders als durch einen Krieg und ohne Raketen- oder Bombenangriffe zu Fall gebracht werden könne, antwortete sie, es gäbe andere Arten von Waffen. Die USA seien als Ziel ausgewählt worden, weil sich dort das finanzielle Zentrum der Weltwirtschaft befinde, und im Anschluss an den Zusammenbruch der USA würde der Rubel zur wichtigsten Währung in Europa und Asien werden. Als sie nach den Anschlägen von 2001 erneut interviewt wurde, sagte sie, es würden neue Schläge folgen, sowohl finanzieller als auch anderer Natur. Man werde, so sagte sie, Amerika in den Rücken treffen und so zu Boden bringen.


Freemans Warnung vor dem »Phase-Drei-Angriff«

Wollen wir noch einmal kurz zusammenfassen: Der Angriff auf das westliche Finanzsystem lief laut Freeman in zwei Phasen ab. In Phase eins wurde der Ölpreis nach oben getrieben, was die Wirtschaft abwürgte. In Phase zwei erfolgten die Marktmanipulationen durch Leerverkäufe gegen systemrelevante Bankhäuser wie u.a. Bear Stearns und Lehman Brothers, was das Finanzsystem an den Rand des Zusammenbruchs führte. Doch Freeman betont, dass die Sache damit noch nicht ausgestanden ist. Als nächsten Schlag erwartet er einen so genannten »Phase-Drei-Angriff«, dem das westliche Finanzsystem heute genauso wehrlos gegenübersteht wie im Jahr 2008. Trotz zahlreicher Warnungen wurde von den verantwortlichen Entscheidungsträgern innerhalb der US-Regierung nichts unternommen, um die Gefahr abzuwenden oder das Risiko auch nur zu minimieren. Mit der völlig verfehlten Krisenpolitik der letzten Jahre wurden zwar Konjunkturpakete und Rettungsschirme in irrsinniger Höhe geschnürt, welche die Staatsverschuldung in bislang ungekannte Höhen trieben, aber es wurden weder die zugrunde liegenden Probleme gelöst, noch die Schwachstellen des Finanzsystems beseitigt. Ganz im Gegenteil, die Situation ist heute gefährlicher als je zuvor, denn die Rettungsmassnahmen der Staaten haben ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit unterminiert, gewaltige Haushaltsdefizite bewirkt und hohe Inflationsrisiken erzeugt, so dass im Fall eines erneuten Sabotageangriffs ein Kollaps des Finanzsystems kaum mehr abgewendet werden könnte. Allein infolge der Krise wuchs die US-Staatsverschuldung innerhalb von vieren Jahre von ungefähr 10 Billionen US-Dollar auf 15 Billionen US-Dollar. Ein Angriff der Phase drei, wie ihn Freeman nach wie vor erwartet, würde im Rahmen eines massiven Abverkaufs amerikanischer Staatsanleihen und US-Dollars erfolgen, wodurch der US-Dollar seinen Status als Weltreservewährung verlieren würde. Dadurch würde eine Abwärtsspirale entstehen, welche die Krise endgültig außer Kontrolle geraten ließe. Freeman hält für diesen Fall einen hyperinflationären Untergang des US-Dollars für möglich, ganz ähnlich wie während der Weltwirtschaftskrise in der Weimarer Republik.

Sowohl Russland als auch die erdölproduzierenden Staaten und insbesondere China verfügen mit ihren enormen US-Dollar-Währungsreserven über die nötigen Mittel für einen solchen Angriff, was das amerikanische Direktorat für Nationale Nachrichtendienste (DNI) dazu veranlasste, die chinesische Regierung zu warnen, dass ein Abverkauf amerikanischer Staatsanleihen durch China von den USA als ein Akt finanzieller Kriegsführung erachten werden würde. Freeman zitiert den Finanzexperten James Rickards, der das Problem wie folgt schildert: »Die größte Schwachstelle ist der Dollar selbst. (...) Also, warum ist der Dollar noch nicht zusammengebrochen? Die Antwort lautet in Kurzfassung, weil die Investoren weltweit keine andere Wahl haben. Das heißt, es gibt einfach nicht genug auf Euro oder Yen laufende Wertpapiere in welche die Investoren aus dem Dollar heraus in andere Währungen umschichten können. Was aber wäre, wenn eine Art globaler Allianz, zum Beispiel ein Billionen-Dollar schwerer Staatsfonds sich mit mehreren Staaten rund um den Globus zusammentun würde, um eine goldgedeckte Alternative zum Dollar einzuführen? (...) Das wäre das Ende des Dollars. Wir hätten hohe Arbeitslosigkeit, Deflation und die Zinssätze würden steigen. Aus der Rezession würde eine große Depression oder noch schlimmer.« Und das wäre dann das Ende der USA als Weltmacht, und zwar vorsätzlich ausgelöst durch Finanzsabotage und wirtschaftliche Kriegsführung.


Kommt eine neue Weltreservewährung?

Nicht nur Amerika ist im Visier der Saboteure. Freeman behauptet, dass auch bei der Eurokrise vorsätzlich nachgeholfen wurde, und zwar unter Einsatz derselben Mittel, zu denen u.a. Credit Default Swaps und ungedeckte Leerverkäufe zählen. Er schreibt, dass sich im Februar 2010, also noch bevor die Eurokrise voll eskaliert war, eine Gruppe von Hochfinanz-Managern in New York traf, um darüber zu diskutieren, wie man die Misere Griechenlands ausnutzen könnte um den Euro unter Druck zu setzen. Ziel dieses Manövers sei, die Notwendigkeit für die Einführung von Eurobonds herzustellen, was einerseits die europaweite Abschaffung der letzten Reste von nationalstaatlicher Souveränität beschleunigen und andererseits den US-Dollar als Reservewährung zusätzlich unter Druck bringen würde. 


In demselben Maße, wie der US-Dollar unter Druck gerät, wächst die Forderung nach Etablierung einer neuen Weltreservewährung. Freeman berichtet, dass sich Repräsentanten der UNO, des IMF und der Weltbank bereits dafür aussprachen. Auch Vertreter der kommunistischen Regierung Chinas und anderer BRICS-Staaten, zu denen neben China auch Brasilien, Indien, Russland und Südafrika zählen, forderten eine neue Weltreservewährung. In diesem Zusammenhang überliefert Freeman ein Zitat von Wladimir Putin, der im Sommer 2011 sagte: Die Amerikaner »leben wie Parasiten von der Weltwirtschaft und ihrem Monopol auf den Dollar. (...) Es sollte andere Reservewährungen geben.« Putin hat offensichtlich vergessen, dass sein Land bis vor wenigen Jahren noch von regelmäßigen kreditfinanzierten Getreideimporten aus den USA abhängig war, und dass viele seiner Landsleute ohne amerikanische Hilfslieferungen zu Beginn der 1990er Jahre glatt verhungert wären, weil nämlich der Kreml zwar sehr routiniert ist, gegen das amerikanische Wirtschaftssystem zu agitieren, aber über viele Jahrzehnte hinweg nicht in der Lage war, selbst eine funktionierende Wirtschaftspolitik zu betreiben, mit der sich sein Volk hätte aus eigener Kraft ernähren können.



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Laut Freeman ist die Gruppe der BRICS-Staaten aufgrund einer Initiative des früheren russischen Geheimdienstchefs und Ministerpräsidenten Jewgeni Primakow aus dem Jahr 1998 entstanden, und zwar wie er vermutet zu strategischen und geopolitischen Zwecken. Bei einem Gipfeltreffen im April 2011 verkündeten die BRICS-Staaten, es sei tatsächlich ihr Ziel, den US-Dollar als Weltreservewährung zu ersetzen. Freeman vermutet, dass die BRICS-Staaten im Vorfeld eines solchen Angriffs ihre Bevölkerung dazu auffordern würden, in Gold zu investieren, und das tun sie tatsächlich. Im ersten Quartal 2011 wurde China zum weltweit größten Aufkäufer von Goldbarren und Goldmünzen, teilweise versteckt unter dem Deckmantel von Staatsfonds. An zweiter Stelle liegt Indien. Ähnliche Empfehlungen erfolgten in Russland bereits vor dem 11. September 2001 und selbst die Terrorgruppe Al-Kaida hat ihre Anhänger wiederholt dazu aufgefordert, ihr Vermögen in Gold zu investieren. Auch das Regime von Hugo Chavez in Venezuela war darum bemüht, seine Goldreserven in Höhe von 211 Tonnen aus dem Ausland abzuziehen und in die Hauptstadt Caracas zu bringen. Begründet wurde der Schritt damit, dass die Zukunft des US-Dollar ungewiss sei und man an einem neuen internationalen Währungssystem arbeite.


Alle Warnungen verhallen ungehört

Kevin Freeman beschreibt in seinem Buch, wie er und sein Team monatelang versuchten, die zuständigen amerikanischen Behörden und Geheimdienste darüber zu informieren, dass der Finanzcrash von 2008 seinen Recherchen zufolge vorsätzlich herbeigeführt worden ist und dass noch immer die Gefahr einer dritten Angriffswelle besteht, die das westliche Finanzsystem endgültig zum Kollaps bringen kann. Doch überraschenderweise stieß er damit in Washington auf unerwarteten Widerstand. Zuerst wollte niemand seine Warnungen hören, dann wurde er monatelang hingehalten und offenbar erfolgten sogar Versuche, seine Arbeit zu vertuschen. Ihm wurde sogar damit gedroht, seine Arbeit unter Geheimhaltung zu stellen um zu verhindern, dass er damit an die Öffentlichkeit gehen kann. Schließlich erfuhr er von einem Beamten die Wahrheit darüber, warum man versuchte, seine Warnungen zu unterdrücken: sie passten nicht ins politische Konzept der Obama-Administration. Ähnlich wie Freeman erging es vielen hochrangigen Überläufern aus Staaten des Ostblocks, die regelmäßig davor warnen, dass der Kreml nicht der strategische Partner des Westens ist, als der er vom westlichen Polit- und Medienestablishment dargestellt wird, denn auch deren Warnungen werden in der Regel unterdrückt und totgeschwiegen. Freeman beschloss daher, mit seinen Warnungen an die Öffentlichkeit zu gehen, so dass seine Recherchen nun in Buchform für jeden interessierten Leser zugänglich sind, wenn auch leider bislang nur in englischer Sprache.


Welche Schlussfolgerungen sind zu ziehen?

Wenn die westlichen Regierungen nicht bereit sind, ihre Bürger vor einem drohenden Währungscrash zu schützen, obliegt es dem Bürger selbst, geeignete Schutzmaßnahmen zu ergreifen, von denen Freeman einige am Ende seines Buches kurz skizziert. Unter anderem schlägt er vor, in Edelmetalle wie zum Beispiel Gold- und Silbermünzen zu investieren, aber wohlgemerkt nicht ausschließlich, er empfiehlt eine Diversifikation.

Obwohl Freeman die Vorhersagen des tschechoslowakischen Generals Jan Sejna nicht kannte, ist es ihm gelungen, eine wichtige Lücke zum Verständnis der von Sejna beschriebenen sowjetischen Langzeitstrategie zu schließen. Sejna hatte 1982 angekündigt, dass das kommunistische Lager beabsichtige, in der Endphase seiner Strategie so genannte »externe wirtschaftliche Waffen« einzusetzen, um das westliche Wirtschaftssystem zum Kollaps zu bringen, was schließlich einer globalen sozialistischen Politik den Weg bereiten sollte. Ohne von diesem Zusammenhang zu wissen, erklärte Freeman in seinem Buch, wie diese »externen wirtschaftlichen Waffen« eingesetzt wurden und damit wären die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass geeignete Gegenmaßnahmen zum Schutz des westlichen Finanzsystems ergriffen werden könnten, wenn die westlichen Regierungen dazu gewillt wären. Freeman zählt einige dieser Gegenmaßnahmen auch auf, aber es ist zu befürchten, dass sie ungehört bleiben werden. So fordert er zum Beispiel, dass der Westen unabhängig werden muss von ausländischen Energieimporten, was in gleicher Weise für die USA wie für Europa gilt und sich in beiden Fällen heilsam auf die einheimische Wirtschaft auswirken würde. Ebenso müssten die Finanzmärkte gegen Sabotageakte immunisiert werden, und zwar vor allem durch eine Regulierung von Credit Default Swaps und durch ein wirksames Verbot von ungedeckten Leerverkäufen. Darüber hinaus fordert er Transparenz für die Finanzmärkte und eine breite Aufklärung über die zerstörerische Wirkung bestimmter Finanzinstrumente, über welche die Öffentlichkeit bislang nicht richtig informiert wird. Erst wenn Transparenz besteht und die nötige Aufklärung betrieben wurde, werden die Marktkräfte das Problem lösen, ohne dass es planwirtschaftlicher Eingriffe bedürfte. Freemans Buch zeigt nachvollziehbar auf, dass die globale Finanzkrise nicht entstanden ist, weil der Kapitalismus versagt hätte, sondern weil vorsätzliche Sabotage am Werk war. Auch darüber muss die Öffentlichkeit aufgeklärt werden. Abschließend sollten sich all jene, denen die Aussicht auf einen Kollaps des US-Dollars verheißungsvoll erscheint sei es weil sie sich einen persönlichen Profit daraus versprechen oder weil ihnen der Niedergang der USA als Weltmacht eine perverse Lust bereitet über die zwangsläufigen Konsequenzen eines US-Dollarcrashs Gedanken machen. Wenn die USA ihren Status als führende Weltmacht verlieren, dann wird das kommunistische China im Bündnis mit dem KGB-Regime im Kreml zur neuen globalen Führungsmacht aufsteigen. Aus der Geschichte weiß man, welche Folgen es jeweils hatte, wenn in einem Land die Kommunisten an die Macht kamen, es folgten stets Kollektivierungen, Umerziehungslager, Massenmorde und Bürgerkriege. Damit muss man rechnen, diesmal jedoch im Weltmaßstab.


Kevin Freemans Buch Secret Weapon ist im Buchhandel erhältlich:
Secret Weapon: How Economic Terrorism Brought Down the US Stock Market and Why It can Happen Again
– Kevin D. Freeman; Regnery Publishing; Januar 2012

Die Website von Kevin Freeman:
www.globaleconomicwarfare.com




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orsten Mann, Jahrgang 1976, ist politischer Publizist. Er vertritt die These, dass der Kommunismus zu Beginn der 1990er Jahre nicht untergegangen ist, sondern unter Beibehaltung seiner Ziele lediglich eine planmäßige Umgestaltung seiner Methoden vorgenommen hat.

 

 Torsten Mann, Jahrgang 1976, ist politischer Publizist. Er vertritt die These, dass der Kommunismus zu Beginn der 1990er Jahre nicht untergegangen ist, sondern unter Beibehaltung seiner Ziele lediglich eine planmäßige Umgestaltung seiner Methoden vorgenommen hat.

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